„Verlassen Sie meinen Laden! Oder wollen Sie mir die Lebensmittelüberwachung auf den Hals hetzen?“ Mit diesem Satz hat ein Metzger seinen Kunden aus dem Laden geworfen, der seine eigene Dose für den Einkauf nutzen wollte. Kein Fleisch für den Mann, hieß es an diesem Tag. Keinen Kaffee auf dem dem Weg zur Arbeit bekommen viele, die Müll sparen und den Einwegbecher vermeiden wollen. Wie kann Coffee to go funktionieren, wenn man seinen eigenen Becher mitbringt?
Ich habe es mir vor langer Zeit abgewöhnt, im Auto, im Zug oder im Gehen Kaffee zu trinken. Ich sitze dabei lieber. Ich weiß aber, dass es für viele ganz normal ist, sich schnell einen Kaffee zu holen. Das ist auch völlig legitim, solange dafür ein Mehrwegbecher benutzt wird.
Denn es dürfte nun überall angekommen sein, dass Kaffeebecher einen unheimlich großen Müllberg hinterlassen. 320.000 Einwegbecher landen pro Stunde in deutschen Abfalleimern. 320.000 Becher, für die Bäume gefällt werden und die nicht recycelbar sind. Im besten Fall landen sie als Ersatzbrennstoff in Zementwerken – und selbst das ist kein zufriedenstellendes Ende der Becher.
Vermeiden statt verbrauchen
Vielerorts schalten Entsorgungsbetriebe oder Umweltämter Anzeigen, um für Mehrwegbecher zu werben. Und trotzdem gibt es Händler, die sich weigern die mitgebrachten Kaffeebecher zu füllen. Hygienevorschriften werden vorgeschoben. Dabei ist es unter Einhaltung bestimmter Voraussetzungen durchaus erlaubt, Kaffee auch in sogenannten „Kundenbehältern“ auszuschenken. Der Lebensmittelverband Deutschland hat ein Merkblatt dazu veröffentlicht. Hier ein Ausschnitt. Beim Klick auf das Bild öffnet sich die Webseite mit der kompletten Broschüre.
Kurz zusammengefasst heißt es in dem Heft:
- Mitgebrachte Becher gehören dem Kunden und dieser hat die Verantwortung für die Sauberkeit, für das Material und die Eignung seines Bechers.
- Deckel müssen vom Kunden abgenommen und von ihm aufbewahrt werden.
- Nur so viel Kontakt mit den Kundenbechern wie für den Befüllvorgang nötig.
- Vorgesehene Umfüllbecher, Tabletts oder Becherhalter sind zu nutzen.
- Bei Befüllung direkt aus der Kaffeemaschine die Einstellung so wählen, dass der Kundenbecher den Abfüll-/Auslaufstutzen nicht berührt.
Mein Tipp: Wer Schwierigkeiten bei seinem Café oder Bäcker hat, druckt sich das Merkblatt einfach aus und zeigt es dort vor. Ich rate dazu, es dem Händler zu überlassen, sodass er es für Kunden und MitarbeiterInnen aushängen kann.
Ich habe bei einer großen Bäckereikette aus Bamberg letztens ein Gespräch zwischen Verkäuferin und einer Kundin mitbekommen, über das ich mich sehr gewundert hatte. Die Kundin wollte die Brötchen in einer mitgebrachten Papiertüte haben, die sie vom letzten Einkauf übrig hatte. Die Verkäuferin weigert sich diese zu nehmen, weil sie schon etwas verknittert war. Sie meinte was wohl die andere Kundschaft denkt… Unglaublich… Die Kundin ging ohne was zu kaufen, was ich vollkommen richtig fand.
Das finde ich auch sehr konsequent!
Aber das Verhalten der Verkäuferin ist unmöglich. Was ist nur aus dem Satz geworden „Der Kunde ist König“? Es scheint, als sei der Kunde oft nur lästig…
Als ich in Puerto Rico war, war meinem Kumpel es sehr unangenehm, dass ich meinen eigenen Stoffbeutel benutzen wollte. Er hatte Sorge, die Leute könnten denken, ich stehle. Ich darauf nur verdattert: „Aber wir stehen hier doch grade an der Kasse und habe soeben bezahlt?“ Es war eher ein Gefühl, als ein rationales Argument. Einfach ungewohnt, Gruppendruck plus andere Gesellschaft mit anderen Normen.
In Chile wiederum war die Kassiererin total begeistert, dass ich meinen Beutel dabei hatte: „In Spanien muss man für Tüten zahlen, hab ich gehört!“
Und das zeigt, dass das Thema Müllvermeidung noch nicht überall angekommen ist. In Italien hat mich die Besitzerin eines Ladens für Naturkosmetik auch gelobt, als ich die Seife in mein Beutelchen gepackt hab. Sie war sehr stutzig, das hatte sie noch nicht erlebt, aber Sie meinte „Ja, du hast recht!“
Und ich glaube, dass wir mit unserem Einkaufsverhalten eben auch die anderen zum Nachdenken bringen.
Absolut! Ich merke es auch schon intensiv in meiner unmittelbaren Umgebung. Weil ich es vormache und vorlebe, beeinflusst es auf die Dauer die Menschen, die mit mir interagieren. Oft kann man den Leuten auch keinen Vorwurf machen – in der Beachbar meiner Heimat wurde stolz damit geworben, dass Plastikhalme vermieden wurden. Beim Imbiss gabs dann aber Sauerrahm in Plastikschälchen…das Transferdenken muss noch mehr von „Gegenstand“ zu „Material“ stattfinden.
…aber das dreckige Kleingeld über die Theke nehmen. Alles eine Frage der Aufmerksamkeitslenkung und Gewohnheit!
Oh ja, das sag ich auch immer! Darf man übrigens auch im Geschäft mal ansprechen!
Ich habe eben gerade bei rewe gesehen, wie eine Kundin ein Bund Radieschen in eine von diesen hauchdünnen Tüten packte. Ich habe einen fast körperlichen Schmerz gespürt. Ich wollte sie so gerne darauf ansprechen, hab es aber nicht geschafft. Wie geht ihr damit um?
Ich kenne das! Man kann das schon vorsichtig machen. Ich halte mich aber auch meistens zurück und beiße mir fast die Zunge ab ☺️
Während meines Studiums gab es gegenüber der FH ein kleines Café, in dem ich meine Kaffeetasse deponiert hatte, sie wurde nach Benutzung sogar für mich gespült und in ein spezielles Regal für private Tassen gestellt. To-go-Becher gab es damals noch gar nicht und niemand hat sich an dieser Art der Bewirtung gestört.
Die Angst vor Keimen und Erkrankungen wird meiner Meinung nach immer irrationaler, denn, wie bereits gesagt wurde, das schmutzigen Kleingeld wird nicht mehr wahrgenommen. Oder es wird demnächst einzeln in Folie verschweißt – das wäre dann ein Fall für den „ScheißderWoche“ auf Insta! ;)
Ach Gott, wie süß! Und ja, du hast recht. Diese übertriebene Hygiene ist eben nur eins: übertrieben.
Gott sei Dank erlebe ich es vor der Haustür auch andersherum: Die Inhaberin der kleinen Fleischerei nimmt schon lange gerne die privaten Gefäße entgegen, weil der gesunde Menschenverstand Müll vermeiden möchte. Die gekochten Mittagsmenüs gibt sie auch nur in mitgebrachte Gefäße ab: Kein Topf dabei, keine Kohlrouladen ;-)
Meine Dosen und ich sind dort beliebt.
Leider erlebe ich auch Ablehnung bei den Bedientheken in Supermärkten, aber mit Nachfragen oder Argumenten wurde ich auch hier schon gnädigerweise bedient. Man kann was erreichen! Zwei meiner Freundinnen sind jetzt auch „aufgewacht“ und haben ihren Vorrat „verglast“ oder Bienenwachstücher hergestellt. Yes! Soviel zur Aufmerksamkeitslenkung ;-)
Na also, es wird…
Als ich an der Wursttheke unseres Supermarktes zum 1. Mal mit einer Dose ankam, wurde das förmlich zelebriert, und war alles sehr neu. Letzt hatte ich meine Dosen mal vergessen, und wurde von der Verkäuferin direkt darauf angesprochen, wo denn die Dose sei ;-)…
leider habe ich bisher noch nie jemand anderen mit Dose an der Theke angetroffen, und wenn ich jemanden sehe, der Bananen in eine Tüte packt, ärgert mich das auch…
Traurig, dass Menschen sich keine Zeit mehr gönnen, eine kleine Pause am „Stehausschank“ zu geniessen. Neulich bei Aldi: es gibt Einweghandschuhe zur Entnahme von (Auf)backwaren… Helmut Palmer, ein Obstbauer aus unserer Gegend, hat auf Wochenmärkten keine Kunden bedient die für sein Obst/Gemüse keinen Korb oder kein Netz dabei hatten. Und das war vor 50 Jahren.
Ich selbst bin keine Kaffee-Trinkerin, aber vielleicht habe ich für den einen oder anderen Kaffeetrinker und Besitzer einer Nespresso-Maschine eine tolle nachhaltigen Tipp:
https://www.ikarus.de/mycoffeestar-mehrweg-kaffeekapsel.html
In meinem Bekannten-Kreis nutzen viele (trotz ethischer Bedenken) Nespresso noch, weil sie sich die Maschine mal angeschafft haben. Jetzt kann man den Kaffee einfüllen, den man vertreten kann und haben möchte. UND dann sogar noch ohne Müll – trotz Kapselmaschine ;) Toll!